Die europäische Konferenz im November 2001 in Vila Real, Portugal
Die nationalen Tagungen im April und Mai 2001
Um die Vernetzung zwischen Redaktionsteams der verschiedenen freien Radios, die sich mit Diskriminierung auseinander setzen, zu unterstützen und einen direkten Austausch zwischen RadiomacherInnen und VertreterInnen von Organisationen zu ermöglichen, veranstalteten Radio Dreyeckland, Radio Ondarossa, Radio Orange 94,0 und Radio Contrabanda in ihren Ländern im April, bzw. Mai jeweils eine Tagung, zu der VertreterInnen von freien Radios und von Organisationen eingeladen waren.
Was den thematischen Fokus und die Zielgruppen der Tagung anging, setzten die Partner-Radios verschiedene Schwerpunkte. Die hingen zum einen von den unterschiedlichen Voraussetzungen in den freien Radios der einzelnen Ländern ab, außerdem von der aktuellen Situation und natürlich auch von den Prioritäten, die das Partnerradio sich daher setzte. So schätzte z.B. Radio Contrabanda es als besonders dringend ein, mit Hilfe der Tagung stärkere Kontakte zwischen den freien Radios und Frauenorganisationen zu knüpfen und setzte einen thematischen Schwerpunkt auf die Diskriminierung von Migrantinnen in Spanien. Radio Orange wollte die Tagung insbesondere für einen Austausch zwischen den freien Radios in Österreich und VertreterInnen aus Lesben- und Schwulengruppen nutzen, nicht zuletzt, weil in Wien im Sommer 2001 der Euro-Pride stattfinden sollte. Radio Ondarossa stellte die politische Auseinandersetzung mit Diskriminierung und den Kampf gegen Diskriminierung ins Zentrum der Tagung, während Radio Dreyeckland, zusammen mit VertreterInnen der verschiedenen Gruppen, die mit Polyphonia angesprochen sind, mit Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Behinderungen, Lesben und Schwulen den gemischten Ansatz, Diskriminierung zu thematisieren und gegen sie zu handeln, diskutieren wollte.
Über diese Unterschiede
hinaus ging es in allen Tagungen darum, im jeweiligen Land bestehende Kontakte
zu stärken und neue anzustoßen. Gerade für die TeilnehmerInnen,
die von außerhalb der freien Radios kamen und wenig oder keine Erfahrungen
mit dem Medium hatten, sollte die Konferenz eine Zusammenarbeit, auch im nationalen
Zusammenhang initiieren. In ihrer Selbsteinschätzung waren sich die Partnerradios
einig darüber, dass die freien Radios eine sehr gute Basis haben, um
Minderheiten eine öffentliche Plattform zu bieten. Aber gleichzeitig
haben die einzelnen Gruppen, die aus verschiedenen Gründen von der Mehrheitsgesellschaft
diskriminiert werden, wenig Kontakte, nur selten gibt es eine Auseinandersetzung
zwischen ihnen und sie sind von einer Vernetzung über die Gruppen hinaus
noch ziemlich weit entfernt. Zu überlegen, wie die freien Radios dafür
genutzt werden können, war deshalb ein gemeinsames Anliegen der Tagungen.
Zwar ist deutlich geworden, dass es bis dahin noch ein langer Weg ist, doch
dass es gelungen ist, diese Idee in Gang zu bringen, zeigen die neuen Kontakte
und Kooperationen, die nach den Tagungen entstanden und die Vereinbarungen,
die getroffen wurden.
Die
europäische Konferenz im November 2001 in Vila Real, Portugal:
Freie Radios gegen Diskriminierung
Medien spielen eine zentrale
Rolle bei der Verbreitung von stereotypen Vorstellungen über Gesellschaft
und Kultur. Dies ist zwar keine besonders neue Erkenntnis, dafür aber
eine, die nichts von ihrer Brisanz verloren hat. Medienverantwortung bedeutet
folglich, dass sich die Medien kritisch mit ihrer Rolle in der Gesellschaft
auseinandersetzen und ihre Unabhängigkeit behaupten. Gleichzeitig müssen
sie ein Sprachrohr für Menschen sein, die am Rand der Gesellschaft leben,
stigmatisiert, ausgegrenzt.
RadiomacherInnen
von verschiedenen freien Radios und Medienprojekten aus ganz Europa und AktivistInnen
unterschiedlicher sozialer Bewegungen diskutierten vom 23. bis zum 25 November
2001 im portugiesischen Vila Real über diese und andere Themen. Im Mittelpunkt
der Konferenz "Polyphonia: freie Radios gegen Diskriminierung in Europa"
stand dabei die Frage nach möglichen Kampagnen und Aktionen. Ferner ging
es um den Austausch von Sendungen, die sich mit den verschiedenen Farben von
Diskriminierung auseinandersetzen. Eine weitere Aufgabe der Konferenz bestand
darin, gemeinsam mit NROs Ideen zu entwickeln, um die Öffentlichkeit
für das Thema "Diskriminierung" zu sensibilisieren.
Radio Dreyeckland aus Freiburg, Radio Contrabanda aus Barcelona, Radio Ondarossa
aus Rom und Orange 94.0 aus Wien stellten auf der Konferenz ihre jeweiligen
Konzepte vor, die sie im Kampf gegen Diskriminierung entwickelt haben. Denn
obgleich diese vier freien Radios ähnliche politische Positionen einnehmen,
wenn es um Rassismus, Sexismus und Diskriminierung geht, unterscheiden sie
sich doch ganz wesentlich in der praktischen Umsetzung dieser Standpunkte.
Kontrovers diskutiert wurde die Frage nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden
zwischen den einzelnen Farben von Diskriminierung. Dabei ging es sowohl um
die Formen als auch um die Uraschen der gesellschaftlichen Benachteiligung
von behinderten, homo-, bi- und transsexuellen Menschen sowie von MigrantInnen.
Ein weiteres Thema der Diskussion war die Frage, welche technischen Möglichkeiten
den freien Radios zur Verfügung stehen, um gemeinsame Kampagnen durchzuführen.
Programmaustausch und Live-Übertragungen per Internet, der so genannte
livestream, gehören zu den bereits erprobten Möglichkeiten der Kooperation.
Bei der Tagung wurde erörtert, wie diese Techniken noch effektiver genutzt
werden könnten, um die Vernetzung der freien Radios in Europa voranzutreiben.
Ermöglicht wurde die Tagung durch die Unterstützung von Radio
Universidade Marao, dem freien Radio der Universität von Vila Real
dem "Programm der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von
Diskriminierung", der Universität Trás-os-Montes al Alto
Douro. AMARC Europe, der Weltverband der freien Radios, hat diese Konferenz
organisiert.
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